Kultursicher Kommunizieren

So Machen Sie Ihre Marke Fit Für Globale Märkte

Für die Markenkommunikation global agierender Unternehmen ist es von entscheidender Bedeutung, die kulturellen Gegebenheiten einzelner Länder zu berücksichtigen. Ihre Missachtung kann dank der weltweiten Vernetzung durch das Internet schnell zu einer internationalen Krise für die Marke führen.

– Artikel geschrieben von Dr. Niklas Schaffmeister und veröffentlicht im >kommunikationsmanager März 2019

Es hätte eine Ode an die hochangesehene Esskultur des chinesischen Volkes werden können. Stattdessen erzeugte die Kampagne „D&G loves China“ des italienischen Modehauses Dolce & Gabbana einen Shitstorm, der Ende 2018 sogar durch die internationalen Medien ging. Was war geschehen? Im Vorfeld einer Modenschau in Shanghai produzierte das Unternehmen drei Werbespots. Ein bekanntes chinesisches Model versucht darin, mit Stäbchen italienische Gerichte zu verspeisen. Leider vergeblich.

Was ursprünglich vielleicht als ein lustiger Hinweis auf kulturelle Unterschiede zwischen Italien und China gedacht war, verletzte jedoch gleich mehrere kulturelle Werte und den ausgeprägten Nationalstolz gleich mit. Die Spots wurden im Reich der Mitte als Beleidigung seiner jahrtausendealten Esskultur aufgefasst und beschämten ebenso die traditionell starke Rolle der chinesischen Frau. Das Gesamtpaket brachte D&G den weitreichenden Vorwurf von Rassismus und kultureller Ignoranz ein.

Nachdem bekannte Persönlichkeiten öffentlich zum Boykott der Marke aufriefen, war die Katastrophe perfekt. Die Modenschau musste abgesagt werden und um die Aufregung zu beschwichtigen, traten Domenico Dolce und Stefano Gabbana per Video einen öffentlichen Reuezug an. Medien weltweit berichteten über diesen weitreichenden Fauxpas, der im Grunde genommen auf einer gut gemeinten Idee basierte. Leider scheiterten die kommunikationsstrategische Ausgestaltung und Umsetzung der Idee jedoch fulminant und schadeten dem Ruf der Marke erheblich.

Wissen Ist Wirtschafts Macht

Das Beispiel der Kampagne „D&G loves China“ zeigt eindringlich wie hochaktuell diese Thematik ist. Obwohl digitale Medien schon längst im Kommunikationsmix international agierender Unternehmen Einzug gehalten haben, ist man sich vielerorts der Kehrseite ihrer Reichweite noch nicht bewusst. Denn mit der Anzahl der Länder, in denen eine Marke vertreten ist, steigen die Chancen auf ungewollte Ausrutscher. Und davor gilt es die Marke so umfangreich wie möglich zu schützen.

Gleichzeitig birgt die Einsicht in die nationalen Werte eines Landes große Chancen für den unternehmerischen Erfolg. Einerseits, weil man so sein Geschäftsmodell und die Positionierung an den kulturellen Kontext anpassen und auf die darauf basierende lokale Nachfrage maßschneidern kann. Andererseits, weil man bestehende Werte, Vorurteile und Personen so einsetzen kann, dass man damit positive Aufmerksamkeit erzielt. Das hätte auch mit der D&G-Kampagne gelingen können.

Denn um hierauf noch einmal zurückzukommen: Eine maßgeschneiderte Kampagne rund um das Kulturgut „Essen“ war grundsätzlich ein guter Ansatzpunkt. Jeder, der sich nur ein wenig mit dem chinesischen Markt beschäftigt, erfährt schnell, dass dort eine große Begeisterung für dieses Herzens-Thema herrscht. Nicht umsonst kennt die chinesische Sprache über zwanzig verschiedene Begriffe für das Schneiden von Fleisch und Gemüse – von den vielen Bezeichnungen für das Zubereiten von Speisen einmal ganz abgesehen.

Brand Safety First

Unternehmen stehen nun also vor der großen Aufgabe, ihren Markenkern sowohl authentisch als auch kultursicher zu kommunizieren. Um sie für diese Thematik zu sensibilisieren, entwickelte die Unternehmensberatung Globeone das so genannte „Brand Safety Training“. Das maßgeschneiderte Programm richtet sich an Kommunikations- und Marketingabteilungen sowie das Management von Headquartern und lokalen Niederlassungen und gibt einen Fahrplan für neue Märkte an die Hand.

Der erste Block des Brand Safety Trainings stellt dar, wie Kultur und Kommunikation zusammenwirken und erklärt anhand von Beispielen, wo dies in der Umsetzung Gefahren für die Kernbotschaft von Marken bergen kann. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist der Grad, in der die Markenpositionierung an die lokalen Gegebenheiten angepasst wird – von global über hybrid bis hin zu lokal. Unter anderem spielt die örtliche Wahrnehmung des Ursprungslands der Marke hierfür eine entscheidende Rolle.

Nach diesem allgemeinen Einstieg in die Thematik steht im zweiten Schritt eine Einführung in die Besonderheiten des jeweiligen Marktes auf dem Programm. Diese basiert auf sechs zentralen Wertedimensionen: 1. Werte, Glaube & Verhalten, 2. Sprache, 3. Symbole, 4. Rollen, 5. Menschen, 6. Politik & Institutionen. Anhand von Beispielen wird gezeigt, wie internationale Marken diese Werte bereits erfolgreich in ihre Werbung integriert haben. Aber auch, welche Inhalte absolute No-Gos sind.

 

Fallstrick „Kultur-Ignoranz“

Im dritten Teil geht es in die Praxis. Hier wird abgeleitet, wie sich die sechs Wertedimensionen im Denken, Fühlen und Handeln der Zielgruppen widerspiegeln und betrachtet wie andere Unternehmen dies – mit mehr oder weniger großem Erfolg – umgesetzt haben. Dazu gibt diverse konkrete Fallbeispiele, die man Schritt für Schritt genau daraufhin analysiert, was das Ziel der Kommunikationsmaßnahme war, wie es umgesetzt wurde und an welcher Stelle welche Probleme entstanden sind.

Eines der Negativbeispiele für die Wertedimension „Werte, Glaube & Verhalten“ stammt aus dem Hause Cadillac. In einem Werbespot für eines seiner hochpreisigen Fahrzeuge rühmt ein offensichtlich wohlhabender Mann die Fähigkeit der Amerikaner, hart für ihre Träume zu arbeiten. Statt es bei Feier des eigenen Nationalstolzes zu belassen, wird jedoch kräftig gegen andere Nationen ausgeteilt, die stattdessen lieber im Café sitzen und den gesamten August Sommerpause machen.

Mit diesem Spot hat Cadillac es nicht nur geschafft, mit größtmöglicher Arroganz andere Kulturen herabzustufen. Sondern auch in einem Atemzug den Wert des „American Dreams“ so schlecht zu verkaufen, dass es selbst im eigenen Land zuhauf Kritik hagelte. Der Fallstrick lauerte in diesem Fall weniger in der Missachtung der lokalen kulturellen Gegebenheiten, sondern vielmehr in ihrer maßlos überzogenen und übertrieben selbstgefälligen Darstellung.
 

Der Teufel Liegt Oft Im Detail

Doch es kann auch mit sehr viel weniger Aufwand zu einer enormen Diskrepanz zwischen Absicht und Resultat kommen. Um zu feiern, dass Frauen in Saudi-Arabien nun offiziell Auto fahren dürfen, startete Burger King die „WhoppHER“-Kampagne. Jede Fahrerin, die durch den Drive Thru fuhr, erhielt einen Whopper geschenkt. Was leider übersehen wurde: „to whop her“ bedeutet übersetzt „Schlag Sie“, was mit Blick auf die Rolle der Frau in Saudi-Arabien äußerst verwerflich ist.

In seinem vierten und letzten Teil mündet das Brand Safety Trainings schließlich in einer individuell angefertigten Checkliste. In dieser wird genau festgelegt, mit welchen Maßnahmen die Teilnehmer die einzelnen Werte ihrer Marke in allen Kommunikations- und Marketingaktivitäten berücksichtigen können und in welchen Bereichen besondere Vorsicht geboten ist. So ist sichergestellt, dass die Marke optimal von dem Wissen um kulturelle Besonderheiten profitiert und der Markenkern zugleich geschützt wird.

Das Brand Safety Training dauert je nach Anforderung ein bis zwei Tage und kann auf jeden gewünschten Markt zugeschnitten werden: seien es Emerging Markets wie die BRIC-Länder oder auch führende Wirtschaftsnationen wie die USA und China. Übrigens: Man täuscht sich, wenn man meint, dass dieses Thema nur für externe Kanäle Relevanz hat. Auch innerhalb von global aufgestellten Unternehmen gilt es kultursicher zu kommunizieren, um Missverständnissen weitläufig vorzubeugen.

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